MESSERATTACKEN AUF OBDACHLOSE

Der Mord an Ferencz Kutasy

Foto oben: Ferencz Kutasy schlief auf der Parkbank am Treppelweg, als ihn jemand in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli mit einem Messer so schwer verletzte, dass er noch in derselben Nacht starb.
Foto unten: Der 56-jährige Ungar lebte rund 20 Jahre in Wien auf der Straße. Er war psychisch krank und konnte nicht mit mehreren Personen in einem Raum schlafen. Weil er nie gemeldet war, fiel er durchs Sozialsystem.


Der Mord an Ferencz Kutasy

Ein Serientäter sticht in Wien nächtens auf schlafende, obdachlose Personen ein. Zwei Männer sterben, eine Frau überlebt. Der Mörder suchte anonyme Opfer und das sind sie nach ihrem Tod geblieben. Nun bekommt eines ein Gesicht.

 Text: Nina Strasser
Fotos: Heinz Stephan Tesarek

Ein schlichter Holzsarg ist in Raum F der Halle 3 am Wiener Zentralfriedhof aufgebahrt. Nelken sind darauf drapiert und ein kleiner Blumenstock. In den Kerzenhaltern flimmern Glühbirnen, eine Frau zupft sacht auf der Gitarre. Der Morgenhimmel des 25. September ist wolkenverhangen. Trauergäste treffen vor der Halle ein. Am Ende werden es rund 40 Menschen sein. Man umarmt sich, stellt sich vor. Fast jeder hier gehört zu einer Hilfsorganisation. Punkt 8.20 Uhr beginnt Orgelmusik vom Band zu spielen. Caritas-Seelsorger Tomas Kaupeny geht voran und die Trauergäste betreten den kleinen Raum. Es wird gebetet und gesungen. Bald geht der Geistliche auf den Grund dieser Zusammenkunft ein und sagt: „Ein von unvorstellbarem Hass erfüllter Mensch, ein völlig verirrt, verwirrt, verstörtes Herz hat ihn erstochen.“

Ferencz Kutasy ist das wahrscheinlich erste Opfer eines Serientäters und Doppelmörders geworden. Ein paar Gäste kramen nach Taschentüchern. Tomas Kaupeny erzählt von dem Verstorbenen und bedankt sich bei ihm im Namen der Anwesenden „für all das gute und geheimnisvolle, mit dem du unser Leben bereichert hast“. Nach exakt zwanzig Minuten beendet Glockenläuten die Zeremonie. Während die Trauergemeinschaft hinter dem Wagen mit dem Sarg bis zur Grube schreitet, ertönen aus tragbaren Boxen die Stimmen von Nick Cave und Patti Smith. „Pfiat di Gott Ferencz und auf Wiedersehen“, sagt der Seelsorger noch. Dann kurbelt der Bestatter den Sarg nach unten.

Die Opfer ohne Namen

Diesen Sommer hat jemand auf drei schlafende Menschen in Wien eingestochen. Zwei Männer starben. Die Frau überlebte schwer verletzt. Der Täter oder die Täterin wurde nicht gefasst. Die Art des Vorgehens und die Statistik sprächen laut dem ehemaligen Gerichtsmediziner Johann Missliwetz dafür, dass es ein Mann gewesen ist. Die Gewaltverbrechen passierten zudem ohne vorherigen Konflikt oder persönliche Beziehung zum jeweiligen Opfer. Weil es drei voneinander unabhängige Fälle sind, spricht man von einer Serie. Eine solche kommt ausgesprochen selten vor. Hätte niemand überlebt, würde diese kriminelle Person die Definition eines Serienmörders erfüllen. Womöglich ging es um die einfache Gelegenheit.

Der Täter hat die Opfer jedenfalls nicht aufgeweckt, um sie nach ihrer Nationalität oder ihrem Einkommen zu fragen. Dennoch konzentrierte sich bald ein Großteil der Berichterstattung auf die Obdachlosigkeit. Mit dem Argument des Datenschutzes nannte die Polizei von den Opfern keine Namen. Angehörige schien es nicht zu geben. Nur Alter und zwei Nationalitäten wurden bekannt und eben, dass sie auf der Straße lebten. Als hätten sie keine Identität gehabt – nicht nur aus Sicht des Täters, sondern auch für die breite Masse. Ferencz Kutasy hat man zwei Tage nach seinem Tod anhand seiner Tattoos, etwa an einer Sonne auf der Hand, identifiziert. Seine Halbschwester in Ungarn bekam Bescheid, doch soll sie bereits vor rund 20 Jahren den Kontakt zu ihm verloren haben. Zum Begräbnis in Wien reiste sie nicht an. Wie und warum der Mann einst die rund 350 Kilometer von seiner Heimatstadt Pécs nach Wien zurückgelegt hat, bleibt somit Rätsel. Doch alles, was danach passierte, hat Spuren hinterlassen und es gibt Menschen, die ihn vermissen.


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Der Ort, an dem er sich Nacht für Nacht zu Ruhe legte, erzählt noch heute von Ferencz Kutasys Leben. Dort, am Treppelweg im 20. Bezirk, erleuchten Straßenlaternen fast jeden Meter. Weil eine ausgefallen ist, klafft eine dunkle Lücke, wo seine auserwählte Parkbank steht. Eine Lärmschutzwand schirmt die Verkehrsgeräusche ab. Büsche geben den Blick zur Donau frei. An diesem abgelegenen Ort wird die Stille nur durchbrochen, wenn Bugwellen von Schiffen an das Ufer plätschern. Stufen führen vor der Bank hinab zum Wasser. Der 56-Jährige, sagen Menschen, die ihn kannten, sei stets gepflegt gewesen. Zum Wohnpark Handelskai sind es über 800 Meter. In die andere Richtung führt die gerade Strecke unter der A22 hindurch, bis sie am Brigittenauer Sporn in einer Sackgasse endet. Nach Mitternacht sausen selten Rad- oder E-Scooterfahrer vorbei. Bei Sonnenaufgang, bevor die ersten Jogger kommen, hatte Ferencz Kutasy seinen Schlafplatz schon verlassen. Zum Schlafen legte er sich nach 22 Uhr. Dass hier ein Mensch ein Zuhause hatte, kann kaum aufgefallen sein. In der Nacht vom 11. auf den 12. Juli dieses Jahres, am Höhepunkt der Hitzewelle, bettete er – wie stets – seinen Kopf auf ein Kleidungsstück. Mehr besaß er nicht. Irgendwann nach Mitternacht, als er bereits schlief, stach und schnitt ihm jemand in Arme und Oberkörper. Blut tropfte von der Parkbank und sammelte sich darunter. Der schwerverletzte Mann stand auf und schleppte sich 350 Meter weiter, wie Spuren später zeigten. Das Schiff Ulrike, das am Ufer ankerte, passierte er, bevor er sich auf einer Parkbank nahe dem Wohnpark wieder niederlegte.

Nichts erinnert daran, dass hier Ferencz Kutasy an einem Sommermorgen starb. Todesursache war vermutlich ein Schock aufgrund des Blutverlusts.


In den Morgenstunden gehen Menschen mit Hunden Gassi oder strampeln mit dem Rad zur Arbeit. Doch bis 7.40 Uhr Mittwochmorgen dauerte es, bis jemand die Polizei verständigte. Mit einem weißen Zelt schirmte man den Leichnam ab. Dank Spürhunden fand man den Tatort und sogar die Wasserpolizei rückte an. Noch war es ein Einzelfall.

Ein Serientäter in der Stadt

Zehn Tage später, am 22. Juli gegen 3.40 Uhr, erwachte auf einer Wiese in der Venediger Au eine 51-jährige, obdachlose Frau. Sie blutete, hatte Schmerzen und wankte in Richtung Bahnhof, wo jemand rasch die Rettung rief. Ein Lokal hat um diese Uhrzeit noch offen und die U1 und die U2 fahren in der Nacht von Freitag auf Samstag im 15-Minuten-Takt. Am Praterstern sind noch Menschen unterwegs. Die Tat scheint niemand bemerkt zu haben.

Am 22. Juli gegen 3.40 Uhr morgens erwachte auf der Wiese der Venediger Au eine Frau unter Schmerzen. Die 51-Jährige hat die Messerstiche in Oberkörper und Becken überlebt.


Die Slowakin überlebte mehrere Messerstiche in Brust und Becken, doch konnte sie sich an nichts Wesentliches mehr erinnern. Ob eines Zusammenhangs mit dem Fall am Treppelweg hielten sich Staatsanwaltschaft und Exekutive zurück.Doch am 9. August, es war ein Mittwoch, saß gegen 2 Uhr morgens ein 55-jähriger, obdachloser Mann am Hernalser Gürtel an der Straße. Sein Oberkörper war zerstochen und zerschnitten. Weil ein vorbeifahrendes Auto das Tempo drosselte, soll die dahinter fahrende Polizei auf den Verletzten aufmerksam geworden sein. Rettungskräfte waren schnell vor Ort.

Trotzdem starb der Mann im Krankenhaus vier Tage später, ohne dass man ihn befragen konnte. Der erste Tatort liegt weit abseits, am zweiten gibt es viele dunkle Stellen. Doch am Hernalser Gürtel ist fast jeder Meter ausgeleuchtet. Grünstreifen und U-Bahnbogen, wo die dritte Tat passierte, sind von umliegenden Wohnhäusern aus einzusehen. Jemand fotografierte sogar den schwerverletzten Mann und schickte die Bilder an eine Wochenzeitung. Alle Überfälle passierten in der Nacht, die Waffe soll stets die gleiche oder eine sehr ähnliche gewesen sein. Die Opfer schliefen im Freien, sie hatten mit niemandem gestritten, gestohlen wurde nichts. Das führten die Ermittlungsbeamten zur Erkenntnis, ein Serientäter sei in der Stadt.

An beiden Seiten des U-Bahn-Bogens am Hernalser Gürtel hatten zum Tatzeitpunkt Nachtlokale geöffnet. Trotzdem scheint niemand den Mörder gesehen zu haben. 


Seelenheil und Zigaretten

Jeden Sonntag um 18 Uhr findet in der Kirche Namen Jesu am Schedifkaplatz die Messe der Caritas-Gemeinde statt. Ein paar Besucher rauchen vor dem Eingang Zigarette. Drinnen in der Kantine gibt es Früchtetee in Einwegbechern. Tomas Kaupeny, der Seelsorger der Gemeinde, schüttelt Hände, während sich die Holzbänke in der Kirche füllen. Zwanzig Jahre lang hat er auch Ferencz Kutasy hier begrüßt. Die elf Kilometer vom Treppelweg nach Meidling und zurück, erzählt der Geistliche, habe der obdachlose Mann oft im Stechschritt zurückgelegt. Zweieinhalb Stunden dauert das laut Google Maps. Trotzdem sei er immer 20 Minuten vor Gottesdienstbeginn erschienen. „Er ist erstaunlich gut organisiert gewesen“, erzählt Tomas Kaupeny, „er hat immer gewusst, wo er Essen oder etwas zu anziehen bekommt.“ Doch nach einer Sommerpause im Juli blieb der Ungar der Messe fern. Der Geistliche, der sich sorgte, erfragte irgendwann, dass der 56-Jährige durch fremde Hand ums Leben kam. Im Gottesdienst hat er die Gemeindemitglieder informiert. Für viele sei es ein Schock gewesen, dass sie eines der drei Opfer des Serientäters kannten. Um Ferencz Kutasy einen würdigen Abschied zu bereiten, griff Seelsorger Tomas Kaupeny zum Telefon. Denn dem mittellosen Mann wäre mangels Papieren nur ein zehnminütiger Abschied zugestanden. Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, erwirkte höchstpersönlich die Möglichkeit der längeren Zeremonie bei dem Sozialbegräbnis der Stadt Wien.

Trillerpfeifen und 10.000 Euro

Die Sofortmaßnahmen von Polizei und Hilfsorganisationen erfolgten nach dem dritten Fall. Sie verteilten Handalarme und Trillerpfeifen an obdachlose Menschen in Wien. Zusätzlich zu den aktuell 6.800 Wohn- und Betreuungsplätzen wurden die nächtlichen Schutzräume auf 198 Plätze erweitert. Sie würden gut angenommen, vermeldet die Wohnungslosenhilfe des Fonds Soziales Wien. Rund 12.370 wohnungs- oder obdachlose Personen wurden dort 2022 erfasst. Mancher zog inzwischen weiter und manch einer wurde nicht gezählt.

Ein Säckchen mit Handalarmen und Trillerpfeifen, die Polizei und NGOs austeilen. Damit sollen Opfer auf sich aufmerksam machen können.


Als Resultat aus den Morden begannen Politikerinnen und Politiker ihre Lebensumstände in Presseaussendungen zu thematisieren. An Orten, wo viele Menschen im Freien schlafen, fahren Polizisten seitdem öfter Streife und führen in Obdachlosenheimen Aufklärungsgespräche. Der Verein der Freunde der Wiener Polizei lobte für zielführende Informationen 10.000 Euro Belohnung aus. Mit dem Fall betraut wurde die Gruppe Bauer des Landeskriminalamtes Wien, Ermittlungsbereich Leib/Leben. Die Zahl der ermittelnden Beamtinnen und Beamten variiere, schreibt die Pressestelle, je nachdem, welche Schritte vorgenommen würden. Auch andere Abteilungen wären in die Ermittlungen involviert. Ähnlich gelagerte Fälle habe es in naher Vergangenheit nicht gegeben.


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Ein Jugendlicher, der im September 2022 einen obdachlosen Mann ins Bein gestochen hat, scheint bis heute nicht gefasst. Weil der Täter sein Opfer vor der Tat weckte, wird ein Zusammenhang aber ausgeschlossen. Ende August tauchten menschliche Knochen und ein Schlafsack am Wienerberg auf. Fremdverschulden sei auszuschließen, hieß es nach der Obduktion. Die Polizei hält sich weiterhin bedeckt. Hinweisen werde nachgegangen. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, heißt es seit Wochen. In der Öffentlichkeit droht der Fall in Vergessenheit zu geraten. „Manches will man gar nicht wissen“, sagt ein Mann, der neben der Parkbank auf der Ferencz Kutasy starb, regelmäßig Sport betreibt. Am Praterstern, dem Tatort Nummer zwei, tobt nun das Oktoberfest. Betrunkene in Lederhosen erleichtern sich ganz in der Nähe, wo die Frau niedergestochen wurde. Ein Barmann von einem Nachtlokal am Hernalser Gürtel, beteuert, obwohl die Polizei nach Videoaufnahmen fragte, er habe von dem Mord im U-Bahnbogen gegenüber bisher nichts mitbekommen. Und die obdachlosen Menschen? Viele schlafen weiter auf der Straße.

Um 21 Uhr macht der Canisibus am Praterstern Station. Frauen verteilen eine warme Suppe und ein paar Lebensmittel. Daneben rauscht der Verkehr vorbei. Streetworkerinnen und Streetworker informierten mit mehrsprachigen Flugzetteln über die Sicherheitsmaßnahmen. Drei Männer aus Ungarn, die auf der Mauer sitzend essen, haben sich über die Taten längst aus der Gratiszeitung informiert. Ein paar Monate, sagen sie, würden sie bereits in Österreich verbringen. In ihrer Heimat ist seit 2018 Obdachlosigkeit verboten.

Einer der drei obdachlosen Männer aus Ungarn posiert in einer Unterführung bei der Donauinsel. Er wird gerne fotografiert und versucht stets, andere zum Lachen zu bringen.


Ungarns Polizei ist befugt, sie zu verhaften und den wenigen Besitz zu vernichten. In Wien sei das ganz anders: „Die Polizei schaut oft nach dem Rechten“, sagt einer, „sie ist freundlich und stört uns nicht beim Schlafen.“ Sein Ellenbogen, sagt ein anderer und macht eine Stoßbewegung, sei gegen Mörder trotzdem die effektivste Waffe. Das größere Problem sei allerdings, ohne Meldezettel Arbeit zu finden. Mit der U-Bahn fahren die drei zur Donauinsel. Im Erholungsgebiet der Wiener nächtigen sie wie andere obdachlose Menschen. Ein 72-jähriger Tiroler sagt, dass er hier die Ruhe schätze. Das Angebot an Indoor-Betten wolle er genauso wie die drei Ungarn nicht nützen – zumindest so lange das Wetter hält.

Der 72-jährige Tiroler ist erst seit wenigen Monaten erneut obdachlos und schläft im Schlafsack auf einer Parkbank. Notunterkünfte meide er, erzählt der Mann, weil dort zu viel gestohlen werde.


Dort, da sind sich die Ungarn und der Österreicher beim Zigarettenrauchen einig, werde viel zu viel gestohlen. Anderswo auf der Insel haben Menschen ihr Lager in einem Wäldchen eingerichtet. Manch einer kampiert im Zelt unter einer Brücke. Auch das U-Bahn-Sicherheitspersonal berichtet, dass sich die Zahl jener, die nachts in den Stationen liegen, nach den Morden nicht wesentlich verkleinert hätte. Man kann die Menschen nicht zwingen, die Notunterkünfte zu nützen. Ferencz Kutasy war wie mindestens zwei Drittel aller obdachlosen Menschen psychisch erkrankt ohne Behandlung oder Diagnose. Mit mehreren Personen in einem Zimmer oder Schlafsaal zu liegen, war für ihn unmöglich. Weder war er in Wien gemeldet, noch hatte er Ansprüche auf Sozialleistungen. Ein Raum nur für ihn allein – den gab es schlichtweg nicht.

Rund 12.370 wohnungs- oder obdachlose Personen wurden 2022 in Wien erfasst. Auf der Donauinsel nächtigen auch Durchreisende, die mitunter nicht in den Zahlen aufscheinen.


Ein besonderer Mensch

Das Caritas-Gemeinde-Quartier im 7. Bezirk betritt man durch eine schwere Holztüre. Das kirchliche Gemäuer muss immer wieder ausgebessert werden. Im begrünten Innenhof sitzen Männer mit bewegten Lebensgeschichten. Sie plaudern über dies und das und essen dazu Schinkenbrote. Im vergangenen Jahr war Ferencz Kutasy hier fast täglich. „Hannelore, Kaffee!“, rief er zur Begrüßung. Hanni Weiniger, die sich „Mädchen für alles“ nennt, hat ihm diesen Wunsch erfüllt. Oft bekam er eine Schokolade. „Er war der einzige Mensch, den ich kenne“, erzählt sie, „der immer Bitte und Danke gesagt hat.“ Ein besonderer Mann mit leuchtenden Augen sei er gewesen, auch wenn er hie und da die Nerven strapaziert hätte. Mal drehte er, niemand wusste warum, im ganzen Haus die Lichter ab. Am liebsten saß er am großen Tisch im Aufenthaltsraum und kommentierte Fernsehsendungen mit. Die Zusammenhänge, die er in vielen Dingen sah, blieben anderen verschlossen. Dann versuchte er sie lautstark zu erklären.

Im Aufenthaltsraum des Caritasgemeinde-Quartiers trank Ferencz Kutasy im vergangenen Jahr regelmäßig schwarzen Kaffee und kommentierte Fernsehsendungen mit.


Deshalb musste er, den anderen zuliebe, auch einmal das Haus verlassen. Alle, die ihn kannten, sagen, er sei ein friedliebender Mensch gewesen. Christian Wetschka organisiert für obdachlose Menschen Notschlafplätze, hilft bei der Schuldenregulierung oder bei Amtswegen. Er leitet auch die Theatergruppe. Der Sozialarbeiter sagt über das Gemeinde-Quartier: „Ich will hier eine Atmosphäre schaffen, in der sich alle geborgen fühlen.“ Es habe viel Geduld benötigt, Ferencz Kutasy an die Annehmlichkeiten zu gewöhnen. Christian Wetschka präsentiert das Kleiderlager. Hier riecht es nach frisch gewaschener Wäsche, Hosen, Hemden, Jacken, alles ist ordentlich sortiert.

Hanni Weininger und Christian Wetschka präsentieren die Kleiderkammer. Der 56-jährige Ungar, erzählen sie, habe sich Hosen oder Kappen meistens mit einer Schere zurechtgeschnitten.


Der Ungar habe hier oft gustiert. Military-Muster, Jacken mit vielen Taschen und Kappen mochte er, und was ihm nicht ganz gefiel, schnitt er mit einer Schere zu. Auf der Wand neben der Stiege in den ersten Stock hängen rund 300 Fotos von Verstorbenen in bunt bemalten Rahmen. Viele würden noch fehlen, sagt der Sozialarbeiter, man komme leider nicht mehr nach. Ein Foto von Ferencz Kutasy mit schwarzer Schleife steht in einem der hohen Fenster. Davor brennt eine Kerze. ZZ

Der Mord an Ferencz Kutasy und die anderen Gewalttaten dürfen nicht in Vergessenheit geraten.

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Aktualisierung: Polizei veröffentlicht Fahndungsvideo

Am 18.10.2023 veröffentlichte die Landespolizeidirektion Wien ein Video, welches einen Verdächtigen oder möglichen Zeugen zeigt.

Aus der Aussendung der LPD Wien: Im Zuge der Sichtung von Videomaterial konnte im Bereich Hernalser Gürtel am 09.08.2023 in der Zeit zwischen 01.19 Uhr und 01.40 Uhr eine männliche Person wahrgenommen werden. Aufgrund der räumlichen und zeitlichen Nähe zu dem dritten Tatort ist diese Person von besonderem polizeilichem Interesse und wird ersucht, sich bei der Polizei zu melden. Die Wahrnehmungen dieses Mannes sind für die Ermittler von großer Wichtigkeit.

Für Hinweise zur Ergreifung des Täters oder der Täter wenden Sie sich an das Landeskriminalamt: 01-31310-33800


Über die Autoren

Nina Strasser (Text) ist Journalistin und Fotografin in Wien und hat unter anderem den Concordia Preis für Menschenrechte gewonnen.
www.ninastreets.com

Heinz Stephan Tesarek (Fotos) ist freier Fotojournalist und Herausgeber von ZWISCHENZEIT ONLINE.
www.heinztesarek.com


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COVID-19 MASSNAHMEN

„Besuch ist das Wichtigste!“

Foto oben: Helene Proksch, von ihren Großnichten „Tante Helli“ genannt, liebt frischgepressten Orangensaft. Den gibt es aber nur, wenn eine Nichte die Orangen auspresst, die die 95-Jährige im Altersheim zwar geschenkt bekommt, sie aber nicht schälen kann.
Foto unten: Helene Proksch posiert als Amazone verkleidet vor der Kamera. Daran, unter welchen Umständen das Foto entstanden ist, kann sie sich nicht mehr erinnern.


„Besuch ist das Wichtigste!“

Seit über vier Jahren wohnt Tante Helli in einem Altersheim der Stadt Wien. Seit März 2020 versucht die Regierung, sie vor einer Covid-19-Infektion zu schützen, ihre Großnichten wollen sie vor Einsamkeit und Bettlägerigkeit bewahren. Ein Kampf, in dem es keinen Gewinner geben kann.

Text: Nina Strasser
Bild: Eve StrasserNina Strasser
Gestaltung: Heinz Stephan Tesarek

So eine schöne Überraschung“, sagt Tante Helli, „mit dir habe ich heute nicht gerechnet.“ Sie sitzt im Pyjama auf dem Pflegebett, ihre Füße baumeln nackt über dem Boden. Auf dem Schoß schnurrt ihre Katze, die wie zum Gruß die Pfote hebt. „Murli“ bewegt sich bei Berührung und wird mit Batterie betrieben. Zur Schonung der Pflegekräftenerven haben Tante Hellis Großnichten das Miauen abgedreht. Der Demenzwecker zeigt 10.30 Uhr. In einer Stunde wird eine Betreuerin das Mittagessen im Apartment servieren, weil Tante Helli vielleicht nicht aufstehen kann. Gestern ist sie im Gang gestürzt. Eine Diagnose steht noch aus, denn sie verlangte, zurück ins Zimmer und nicht ins Krankenhaus gebracht zu werden. Eine Pflegekraft alarmierte daraufhin eine der zwei Nichten. Doch die Covid-19-Hausordnung verhindert deren sofortige Begutachtung von Tante Hellis Zustand.

Die jetzige Visite wurde jedoch erwünscht. Siehe da: Tante Helli kann gehen. „Glücklich ist, wer vergisst“, singt sie jetzt, denn an den Sturz erinnert sie sich nicht. Der Besuch komme ihr gelegen. „Denn so weiß man“, sagt sie, „dass man noch am Leben ist.“ Die Nichte presst Orangen aus, die sich im Korb des Rollators stapeln. Im Heim sind sie gratis zu entnehmen. Dann dekoriert sie unter Tante Hellis Direktive das Zimmer weihnachtlich und setzt der 95-Jährigen nach dem Anziehen Krampushörner auf. Beim Nachmittagskaffee etwas später klopft Tante Helli mit einer Rute dann auf die Popos von Pflegekräften. Am 5. Dezember 2020 ist sie glücklich. In nur sieben Wochen wird Tante Helli sterben.

Eingesperrt im Altersheim

„Ihr müsst euch um mich mehr kümmern“, erklärte Tante Helli ihren Großnichten vor fünf Jahren. Damals lebte sie alleine in ihrer Wohnung im fünften Bezirk in Wien. Weil sie häufig stürzte und sich nichts mehr merken konnte, zog sie nach Monaten des Mit-sich-Ringens im Herbst 2016 ins Pensionistenheim „Haus Prater“ ein. Die Enkel ihrer Schwester haben seitdem ein bis zwei Tage pro Woche für ihre Großtante reserviert. Eine macht im Zimmer Ordnung, die andere erledigt das Formale, und gemeinsam versuchen sie, Tante Helli mobil zu halten. Am 13. März 2020 war damit vorübergehend Schluss. Tante Helli durfte wegen der Covid-19-Schutzmaßnahmen das Altersheim nicht mehr verlassen, die Nichten durften nicht hinein. Kontakt zu halten funktionierte nicht, weil Tante Helli das Internet nicht versteht und dazu schwerhörig ist. 

Beim ersten Treffen nach zwei Monaten konnte Tante Helli ihre Beine kaum noch heben, und sie hatte stark abgenommen. Bald stellte sich zudem heraus, dass das Kontaktverbot eine Art Missverständnis gewesen war. Man hätte, hieß es von Bund und Ländern, die Altersheime verlassen dürfen und sich gegenseitig sehen. Seitdem studieren die Nichten penibel die Gesetze. Der Sommer zog maßnahmenlos vorüber, und als im September die Infektionszahlen wieder stiegen, wurde in Tante Hellis Altersheim nicht etwa regelmäßig getestet, sondern die Besuche verkompliziert.


Der Corona-Schutz im Überblick


Am 28. September erklärte man die Bewohnerzimmer für Angehörige zur verbotenen Zone. Alles, was sie sonst an Arbeit übernahmen, blieb den Angestellten überlassen. Als Maßnahme gegen Einsamkeit pries man „Plauder Platzl’n“ an, das sind Tische im Foyer, die man nach Voranmeldung nützen kann. Ab 3. November 2020 bis Mitte März 2021 ist pro Woche ein Besuch eines mit FFP2-Maske geschützten Menschen für 30 Minuten vorgesehen. Manche Angehörige holen darum die Heimbewohnerinnen regelmäßig ab und nehmen sie zu sich nach Hause. Das geht zeitlich unbegrenzt, Masketragen oder Testen ist obendrein nicht vorgeschrieben. Die Nichten wohnen im dritten Stock ohne Lift. Tante Helli geht gestützt auf einen Rollator und schafft also die Treppen nicht.

Flucht in die Gaststätten

Tante Helli stellt unentwegt die gleichen Fragen. Oft sagt sie auch: „Versteh ich nicht.“ Lieber als eine Unterhaltung ist ihr daher „Halligalli“. Vor der Pandemie bereiste das Trio die Donau mit dem Schiff, besuchte das Oktoberfest und die Regenbogenparade. Im Wachsfigurenkabinett bewunderte Tante Helli Skifahrerin Renate Götschl, im Haus des Meeres beobachtete sie kleine Kinder anstatt der Fische. Um im heurigen Oktober das „Plauder Platz’l“ zu umgehen, machten sie in Gaststätten Station. Im Cafe Little Britain schlürfte Tante Helli Bananenmilch, und im Gasthaus Mehler löste sie den Gastrogutschein des Wiener Bürgermeisters ein.

Doch am 3. November schlossen die Lokale, und das Wetter wurde kälter. So blieb als letztes Ausflugsziel nur noch das Shoppingcenter. Maßnahmen dürfen, steht in den Verordnungen, „nicht zu Härtefällen führen“. Wie das zu verhindern sei, wird nicht näher definiert. Für Angehörige, die sich regelmäßig kümmerten, heißt es weiter, könnten „spezifische sowie situationsangepasste Vorgaben getroffen werden“. Die Nichten schrieben an diverse Stellen, das Ministerium, die Patientenanwaltschaft oder Tante Hellis Ärztin. Helfen konnte ihnen niemand, denn die Macht liegt allein bei der Direktion des jeweiligen Altersheims.

Für Besprechungen im Haus Prater nahmen sich die Nichten schon in der Vergangenheit oft frei, so auch, als es im November darum ging, mehr Besuch für Tante Helli zu verhandeln. Ein Überraschungsgast aus der Zentrale formulierte das Problem: „Was, wenn andere Angehörige die gleichen Rechte wollen?“ Nur dank der Leiterin der Ambulanz fand man einen Kompromiss zum Wohle der Bewohnerin. Pro Woche darf nur eine Nichte zwei Stunden mit Tante Helli in ihren Räumlichkeiten Zeit verbringen. Die andere trifft sie dann außerhalb des Heims.

Am 18. Dezember zetert Tante Helli: „Muss das sein?“ Sie navigiert ihren Rollator zum x-ten Mal in den letzten Wochen durch den Supermarkt. Ein Bier will sie aber, ohne Alkohol, doch das merkt sie nicht. „Muss ich die Maske tragen?“, fragt sie, denn sie kriegt schwer Luft. Die Nichten bestehen darauf. Der Großtante zuliebe treffen sie selbst schon lange kaum noch Menschen. Diejenige mit Zimmerdienst hat außerdem ein Negativergebnis aus der Teststraße im Vienna International Center dabei, das für 24 Stunden gilt. Beim Heimpersonal soll der gleiche Test für immerhin drei Tage ausreichen. Erst seit November wird in Tante Hellis Haus regelmäßig kontrolliert. Positiv Getestete, die als nicht ansteckend gelten, müssen aber ihren Dienst antreten. Auch Tante Helli führt man mit dem Staberl in die Nase, wovon Laborberichte im Zimmer zeugen.

Nach dem Supermarktbesuch verstaut die Nichte Salzkekse, Chips und Bier in der Küchenzeile ohne Herd, und Tante Helli liest Weihnachtskarten durch. Dann schafft sie es nach Jahren erstmals wieder, selbst welche zu schreiben. Zwei Stunden sind vorüber, die Nichte muss gehen. „Willst du nicht bei mir bleiben?“, sagt Tante Helli. „Ich gebe dir mein Bett, und ich schlafe auf dem Boden.“ Es geht ihr erstaunlich gut, in fünf Wochen ist sie tot.

Sturz ins Ungewisse

„Wo bin ich jetzt?“, fragt Tante Helli. „Wieso ist mir das passiert?“ Sie liegt im Krankenhaus auf einer Bahre. Das rechte Auge ist seit Jahren blind, nun ist das linke zugeschwollen. Darüber wächst ein Horn. Die Gesichtsseite ist derart blau, dass sie die Nichten nicht sofort erkannten, als sie das Wartezimmer betraten, wo die Großtante schon seit Stunden liegt. Laut Covid-Verordnung hat sie Anspruch auf Begleitung. Die Durchsetzung der Regelung durch die Nichten sorgt beim Krankenhauspersonal abwechselnd für Begeisterung und Entsetzen. Tante Hellis Arm steckt in einem Gips, Coolpacks kühlen die geschundenen Körperteile. Für eine Computertomografie schiebt sie eine Pflegerin in einen anderen Raum. Dabei verliert sich Tante Hellis Spur, die Nichten finden sie erst Stunden später auf der Krankenstation wieder.

Im Laufe der vergangenen fünf Jahre brach sich Tante Helli die Wirbel und die Rippen. Einmal war es der Oberschenkel. Das Herz machte Probleme, und das sehende Auge war vom grauen Star befallen. Das Krankenhaus-Szenario ist gut bekannt: Sie bekommt einen Katheter und liegt an Flaschen angeschlossen ausschließlich im Bett. Weil sie Fragen der Ärzte nicht versteht, antwortet sie auf Verdacht. Entscheidungen gesundheitlicher Art sind deshalb dank Vollmacht den Nichten vorbehalten. Sie verhindern Schlaftabletten und drängen auf Entlassung. Denn die fremde Umgebung fördert die Demenz, und jeder Tag im Bett vermindert die Chance, es jemals wieder zu verlassen. Seit Sommer ist Tante Hellis Status „palliativ“. Das bedeutet für Ärzte, ihr Leiden zu vermindern, doch den Tod nicht abzuwenden. Das ist ganz in Tante Hellis Sinne, doch nach Sterben ist ihr nicht. „Der liebe Gott“, sagte sie kurz vor dem Unfall, habe schon darüber nachgedacht und entschieden: „Die Oide lasse ich noch ein bisserl auf der Erde bleiben.“ Nur für den Fall der Fälle hat sie sich einen Plan zurechtgelegt.

Tante Hellis Wünsche

„Ich will in meinem Zimmer bleiben und ziehe hier nicht aus“, sagt Tante Helli, und nach einem Vorsorgegespräch im Heim unterschrieb sie einen Zettel, dass sie bis zu ihrem letzten Atemzug, in ihrer gewohnten Umgebung bleiben will. Dieser schlichte Wunsch stellt die Nichten vor Probleme. Tante Helli wohnt im betreuten Wohnen, das setzt Mobilität voraus. Das Personal hilft ihr beim Anziehen und beim Waschen, zu Mittag wird sie abgeholt. In der „Tag Familie“, einer Gruppe für Menschen mit Demenz, isst sie und malt bis nach dem Abendessen um 17 Uhr Ausmalbilder an. Zwar wird des Nachts nach ihr gesehen, im Notfall muss sie sich aber an den Notrufknopf am Handgelenk erinnern. Für ständige Kontrollen fehlt es an Personal, auch die Verrechnung ihrer Leistungen ist nicht auf Rundumbetreuung auf dem Zimmer vorbereitet. Wer liegen bleibt, der bleibt allein. Auch darum zog bei Tante Helli eine Demenz-Katze ein.

Mit der jetzt eingegipsten Hand kann Tante Helli den Rollator nicht bedienen. Obendrein heißt es nach ihrer Rückkehr ins Altersheim, sie sei in drei Tagen Krankenhaus wundgelegen. Darum solle sie vorübergehend in die Pflegestation ziehen. Dort werden die Menschen in sterilen Doppelzimmern rund um die Uhr versorgt. Tante Helli will das nicht. Damit sie auch in einem längeren Krankheitsfall in ihrem Zimmer bleiben kann, bieten die Nichten schon immer ihre Hilfe an. Als Tante Helli Ende Juli stürzte und einen Monat lang nicht essen wollte, kauften die Nichten ein gebrauchtes Pflegebett und richteten im Altersheim ihre Homeoffices ein. Waschen, wickeln und verarzten übernahm das Personal, das schon ohne Pandemie am Limit ist. Als vier Monate später die Nichten auf die Sommerregelung pochen, laut Verordnung ist es möglich, wird dies von der Direktion nicht mehr genehmigt. Das Pflegepersonal ist schlicht am Ende seiner Kräfte.

Impfung und Mutation

„Gerade war ich noch bei den Normalen, jetzt bin ich bei den Deppaten“, schreit Tante Helli kurz vor Silvester. Sie sitzt in einem Rollstuhl, ihre Haare stehen zu Berge. Nach wie vor nützt abwechselnd eine Nichte den zweistündigen Besuch pro Woche in Tante Hellis Räumen. Doch nach Ablauf dieser Zeit muss sie sie aus ihrem Zimmer in die Pflegestation zurückschieben. Am Weihnachtsabend hatte das ganz gut geklappt. Die Schmerztabletten wirkten, Tante Helli sang. Sie freute sich über neue Anziehsachen und eine Handtasche, die nicht wie ihre alte nach ranziger Butter riecht. Nach der Bescherung ließ sie sich widerstandslos dem Lieblingspfleger übergeben. Doch jetzt, eine Woche später, ist Tante Helli nicht mehr einverstanden. Eine Pflegerin erklärt der Nichte, die Tobende würde an einem Verlegungssyndrom leiden. Dann schiebt sie sie davon.

Die Nichten drängen auf Tante Hellis Rückkehr ins vertraute Zimmer. Eine Virusmutation bahnt sich ihren Weg, und in der Bettenstation wimmelt es von desorientierten Menschen, die nach Tante Hellis Katze greifen. Am 27. Dezember wurde die erste Bewohnerin eines Hauses des gleichen Pensionistenhausbetreibers gegen Covid-19 geimpft, am 13. Jänner 2021 soll auch Tante Helli an der Reihe sein. Am 5. Jänner zieht sie wieder in ihr Zimmer, und eine Woche später wird der Gips vom Arm entfernt. Sogar die Therapie ist schon geplant, doch so weit kommt es nicht. Am Tag der Impfung kommt die Nachricht: „Frau Proksch ist leider positiv.“ Der Geschmackssinn habe sie verlassen, heißt es, sie würde nicht mehr essen. Man empfehle daher die Verlegung in ein Krankenhaus. Die Nichten müssen schnell via Telefon entscheiden, was für die Großtante das Beste ist. Sie beschließen den Verbleib im Zimmer und bitten darum, sollte der Zustand sich verschlechtern, sofort darüber informiert zu werden. Fünf Tage hoffen die Nichten, denn das Telefon bleibt stumm. Dann erfahren sie montagabends: Tante Helli liegt im Sterben. Die Nichten dürfen kommen.

Tante Helli schreit und stöhnt. Das sei wegen ihrer wunden Stellen, informiert die Krankenschwester, die sich in den Knochen fressen. Der Puls sei allerdings normal, und sie bekomme sehr gut Luft. Das Morphium-Pflaster müsse eben seine schmerzstillende Wirkung erst entfalten. Tante Helli will das Bett verlassen, als sei sie auf der Flucht. Die Augen zeigen ihre Angst. Sie greift die Hand der jeweiligen Nichte und legt sie sich auf die kalte, nasse Wange. Die beiden tragen blaue Mantel, Masken verdecken die Gesichter. Sie reden mit der Sterbenden, in der Hoffnung, dass sie sie erkennt. Sagen wird Tante Helli in den nächsten Stunden nur noch einen Satz, der darüber Aufschluss gibt.

Die Nichten wechseln sich bei der Wache ab, eine bleibt bis zum Morgen, die andere übernimmt die nächste Nacht, damit Tante Helli in ihrem Zimmer bleiben kann. Alle zwei, drei Stunden sieht eine diplomierte Krankenschwester nach dem Rechten, zuständig ist sie für rund 300 Bewohnerinnen. Die Diensthabende der ersten Nacht rät, zu beten, jene in der zweiten beschließt, den Verzweifelten zu helfen. Während der Alarm beständig bimmelt, nimmt sie sich ein paar Minuten Zeit und bespricht mit der Nichte die nächsten Schritte. Tante Helli brauche ein Medikament, das ihr die Schmerzen und die Ängste nimmt, womöglich würde sie auch schneller sterben. Tante Helli soll nicht leiden, darum willigen die Nichten ein. Nach Erhalt der ersten Spritze dauert es noch eine Stunde. Dann wirkt das neue Mittel.

Der letzte Satz

In der dritten Nacht steht vor dem Altersheim der Leichenwagen. Die Sauerstoffflaschen, neben dem Eingang aufgereiht, haben sich deutlich reduziert. Im Haus spielen sich Dramen ab, nur Tante Helli schlummert sanft. In der vierten Nacht spielt ihr die diensthabende Nichte das „Phantom der Oper“ vor und versprüht Lavendelduft. Das hat sich Tante Helli einst für ihr Ableben gewünscht. Die Nichte wartet bis morgens um halb elf, dann geht sie aus dem Zimmer, und Tante Helli verlässt die Welt. Am Tag darauf holen die Nichten den „Murli“, der bis zuletzt in Tante Hellis Armen lag. Ein Wachmann treibt im Foyer Bewohnerinnen auseinander, die zwei Meter Abstand nicht einhalten. Ab jetzt gilt absolute Besuchersperre. In einer Woche wird der ORF über 59 infizierte Bewohnerinnen im Haus Prater berichten. Tante Helli starb offiziell an Covid-19, nach einem Jahr, in dem Regierung, Heimbetreiber und Stadt Wien versucht hatten, sie vor dem Kontakt mit ihren Nichten zu bewahren. „Bleib bei mir“ war der letzte Satz, den Tante Helli sagte. ZZ

Dieser Text erschien auch in „News“ 09/21


Über die Autorin

Die Autorin (rechts) und ihre Schwester Eve

Nina Strasser ist freischaffende Autorin und Fotografin. Die Salzburgerin unterrichtet Journalismus an der FH Wien und publiziert in verschiedenen Medien wie etwa „News“, „Furche“ oder „Augustin“. Über Tante Helli sind insgesamt vier Geschichten erschienen, die unter anderem mit dem Preis der Ärztekammer Wien und dem Prälat Ungar Preis der Caritas ausgezeichnet wurden.


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HEIMBEWOHNER IM LOCKDOWN

Plötzlich sind Sie eingesperrt

Plötzlich sind Sie eingesperrt

Um Pflegeheimbewohner vor dem Virus zu schützen, hat man sie daran gehindert, die Häuser zu verlassen. Wer darf entscheiden, ob Menschen isoliert werden? Und wieso wird darüber nicht mehr gestritten? Eine Imagination.

Von Nina Strasser (Text und Bild)

Stellen Sie sich einmal vor, Sie beschließen, ganz von vorne anzufangen. Die Umstände verlangen danach. Sie übersiedeln aus Ihrem geräumigen Eigenheim in ein kleines Zimmer, im dritten Stock eines Wohnkomplexes gelegen, in dem rund 300 weitere Personen leben und außerdem 100 Menschen beschäftigt sind. Die Miete, sie ist unbefristet, beläuft sich auf 3600 Euro und könnte sich mehr als verdoppeln. Sie erhalten zwar Förderung; zum Leben bleibt Ihnen nur Taschengeld. Dafür ist der Zimmerservice inklusive. Ihre Tochter entsorgt aus Ihrer alten Bleibe den Großteil des Interieurs. Ihren zehnjährigen Rauhaardackel vertrauen Sie einer Freundin an. Denn an Ihrem neuen Lebensmittelpunkt muss alles in zwei Schränke passen.

Im Pensionisten-Wohnhaus können Sie es sich endlich gut gehen lassen. Von Ihnen wird hier nichts mehr verlangt. Der Direktor begrüßt Sie mit Blumen in der Hand. Essen gibt es in der Kantine, einmal wöchentlich wird geputzt. Das Personal schaut stets nach Ihnen – nur die Besucher bleiben aus. Das Haus liegt weitab vom Schuss. Eine Bekanntschaft zu einem Ihrer Nachbarn schließen Sie beim Blasmusikkonzert im kleinen Garten. Ihre Schwerhörigkeit bleibt unbemerkt. Stellen Sie sich vor, Sie sind jetzt 90 Jahre alt.

Vor die Haustüre gehen Sie ungern allein. Sie kennen die Umgebung nicht. Und ohne Smartphone kommen Sie gar nicht auf die Idee, nach Kaffeehäusern zu googeln. Das Taschengeld von 250 Euro lässt Sie sowieso keine großen Sprünge tun. Das Datum kennen Sie selten, nur wenn Ihre Tochter Sie besucht, wissen Sie, dass Sonntag ist. Sie bringt die Batterien des Hörgeräts und manchmal neue Unterhosen. Sitzen Ihre Zähne richtig, sind die Fingernägel schon zu lang? Von Behörden sind Briefe angekommen, die Tochter kennt sich damit aus. Sie selbst haben vor langer Zeit den Überblick verloren. Immer wieder verschwinden Dinge und lassen sich partout nicht wiederfinden. Irgendwer aus diesem Haus steckt dahinter. Allein Ihrer Tochter können Sie absolut vertrauen. Sie erzählt Ihnen oft von draußen und nimmt Sie, das ist Ihr größtes Glück, regelmäßig dorthin mit. Doch plötzlich sind Sie eingesperrt.

Vor dem Haus sitzt jetzt ein Wachmann, und das Pflegepersonal verbirgt hinter Masken die Gesichter. Das Essen verspeisen Sie statt in der Kantine ab sofort alleine auf dem Zimmer. Zum Bekannten von der Nachbartür heißt es ab jetzt Abstand halten. Die Tochter werde erst mal gar nicht kommen, erklärt Ihnen das Personal. Ein Virus, das aus China komme, trage Schuld an der Misere. Eine Infektion könne für Menschen Ihres Alters tödlich enden. Die Regierung habe empfohlen, die Besucher mit 13. März auszusperren. Und sollten Sie vor die Haustüre treten, winken Ihnen zwei Monate Quarantäne. Dieses Haus, in dem Sie leben, scheint ein unsicherer Ort. Besser, Sie bleiben nun im Bett. Das Personal bemüht sich um Sie, doch für lange Unterhaltungen fehlt selbst den Motiviertesten die Zeit. Dann hält Ihnen ein junger Mann einen Fernseher vors Gesicht. Im Bild ist Ihre Tochter und spricht. Sie haben hoffentlich nicht vergessen, dass Sie schwerhörig sind!

Die Tochter stellt sich und anderen Fragen: Wieso wurde das Pensionisten-Wohnhaus zugesperrt, als in Ischgl noch gefeiert wurde? Wieso darf sie Sie nicht besuchen kommen, während andere vor Baumärkten in der Schlange stehen? Als Antwort erhält sie stets: Es diene Ihrer Sicherheit! Die Ehefrau Ihres Nachbarn, die früher täglich kam, ruft Ihre Tochter an und weint. Ihr Mann sei letzte Nacht verstorben, sie konnte ihn trotz aller Vollmachten seit Wochen nicht mehr sehen.

3922 Menschen versterben im März und April dieses Jahres in Österreichs Pensionisten-Wohnhäusern, 5,5 Prozent davon rafft das Virus dahin. Getestet wird zugleich in den Einrichtungen wenig. Erst nach zwei Monaten der Isolation beginnen sich die politischen Entscheidungsträger wieder der Senioren anzunehmen. 923 infizierte Bewohner wird die Bilanz am Ende sein. Wie es dazu kommen konnte, werden manche Direktoren so erklären, dass ihnen zu Beginn nur 30 Prozent der erforderlichen Schutzausrüstung zur Verfügung standen. Zahlen über infiziertes Personal gibt das Gesundheitsministerium nicht an.

Als sich die Altersheime im Mai zaghaft öffnen, tritt eine Blaskapelle im Garten auf. Ihren Bekannten können Sie nicht finden. Dafür steht Blumenschmuck auf den Tischen und das Fernsehen filmt mit. Ihre Tochter erkennen Sie kaum wieder, und 50 Minuten später bringt man Sie zurück ins Bett des Doppelzimmers, das Sie jetzt als Vollzeitpflegefall bewohnen.

Die Kontrollorgane – lange haben sie sich still verhalten – beklagen, dass man Ihnen und 95.000 Bewohnern von Pensionisten- Wohnhäusern und Pflegeheimen mehr Rechte als den anderen Bürgern nahm. Denn laut Ausgangsregelung der Regierung – verfassungswidrig, wie sich später zeigt – durfte jeder Mann und jede Frau ins Freie. Auch außerhalb der Hausanlagen wäre spazieren gehen für Sie erlaubt gewesen, ja sogar die Tochter treffen. Nur bei den vielen Pressekonferenzen fiel diese Info unter den Tisch. Das gab dem Direktor Ihres Hauses die Möglichkeit, Sie und Ihre Mitbewohner von seinen Hausregeln zu überzeugen. Schließlich haftet er persönlich für Ihre und der anderen Sicherheit. Luft schnappen durften Sie ohnehin im Garten. Und wo ein solcher fehlte, machte man das Fenster auf.

Eine Studie des Gesundheitsministeriums will beweisen, wie gut es Ihnen ohnehin erging. Die Stimmung in den Häusern sei familiär entspannt und ruhig gewesen, steht darin geschrieben. Man habe sich den Bewohnern noch mehr gewidmet als zuvor, sagten Pflegeleiter und Direktoren. Auf erhöhte Einsamkeit habe man keine Hinweise entdeckt. Ihre Mitbewohner oder gar Sie selbst hat man dafür nicht befragt. Vermutlich haben Sie ohnehin vergessen, dass man Sie entgegen den Menschenrechten hinter verschlossenen Türen hielt. Der Bundeskanzler wünschte Ihnen unlängst in einer Rede, in Zukunft mehr Kontakt zu haben – schlimmstenfalls warten Sie doch bis zum nächsten Sommer ab. Der Gesundheitsminister schmiedet Pläne, doch entscheiden kann er für Sie nichts, denn die Macht besitzt nur sein Pendant vom Bundesland. Die Umsetzung dessen Maßnahmen – sie sind flexibel – liegt ohnehin in des Direktors Hand.

Fällt es Ihnen schwer, sich das alles vorzustellen? Schließlich sind Sie zu jung, um in ein Alters- oder Pflegeheim zu ziehen. Ohnehin haben Sie das auch gar nicht vor? Sie hoffen wohl auf Selbstbestimmung bis ans Lebensende, das – wenn Sie jetzt um die 40 Jahre alt sind – statistisch gesehen in 40 Jahren fällig werden könnte. Dann liegt Ihr Risiko, an Demenz erkrankt zu sein, bereits bei über 15 Prozent. Werden Sie älter als 90 Jahre, liegt die Chance bei über 40 Prozent. Häufiger ist im hohen Alter zum Beispiel die Depression verbreitet.

Wie wird Ihr Pensionisten-Wohnhaus oder Pflegeheim in der Zukunft aussehen? Darf das Haustier mit zu Ihnen ziehen, oder gibt es nur Platz für noch mehr alte Menschen? Werden Sie Aufgaben übernehmen können, oder werden Sie stattdessen ruhiggestellt? Mögen alte Freunde Sie dort besuchen, oder liegt es möglichst weit entfernt? Werden die Pflegekräfte gut bezahlt, oder hat man sie durch Roboter ersetzt? Werden Sie noch Teil dieser Gesellschaft sein, oder sperrt man Sie einfach weg? Wer wird im Notfall über Sie entscheiden? Stellen Sie sich vor, es werden nicht jene die Sie lieben, sondern Politiker und Direktoren sein. ZZ

Dieser Text erschien auch in der Wochenzeitung DIE FURCHE 36/2020.


Über die Autorin

Nina Strasser ist freischaffende Autorin und Fotografin. Die Salzburgerin unterrichtet Journalismus an der FH Wien und schreibt unter anderem für die Straßenzeitung Augustin. Für ihre Texte zum Thema Pflege erhielt sie den Karl Renner Publizistikpreis, den Silver Living Award und den Preis der Ärztekammer Wien. Am 12.11.2020 bekam sie den Prälat Ungar Preis der Caritas für einen Artikel über die Isolation von Bewohner_Innen in Alten- und Pflegeeinrichtungen während der Corona-Pandemie.


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