Was deutet der Mann mit dem erhobenen Arm? Die beiden Bilder entstanden im Zuge einer Demonstration für Flüchtlingsrechte im Juli 2015 in Traiskirchen – und beschäftigen seither den Fotografen. ZZON zeigt die beiden Aufnahmen erstmals online.

Fotos und Text: Heinz Stephan Tesarek

Juli 2015. In immer größerer Anzahl treffen Flüchtlinge – viele von ihnen aus dem syrischen Kriegsgebiet kommend – in Europa ein. Während einer Demonstration für Flüchtlingsrechte nahe der Bundesbetreuungsstelle Ost (besser bekannt als „Flüchtlingslager Traiskirchen“) streckt ein Teilnehmer seinen Finger Richtung Himmel – mutmaßlich zum sogenannten Tauhid-Gruß. Kurz zuvor deutete er auf die Beinstümpfe des Mannes neben ihm.

Später gewählter Titel der Aufnahme: „Der Gruß der Gotteskrieger“. Denn der erhobene Zeigefinger wurde im Laufe des Syrien-Krieges zum Zeichen der radikalen Islamisten, etwa von Anhängern des IS und der Al-Nusra-Front (Der Tauhid ist ursprünglich Teil des islamischen Glaubensbekenntnisses und bezieht sich auf die Einheit Gottes).

Ist der Tauhid-Gruß tatsächlich das Zeichen der Dschihadisten? 

Ist der Tauhid-Gruß tatsächlich das Zeichen der Dschihadisten oder nur ein Glaubensbekenntnis aller Muslime? Die folgende Galerie enthält rund 20 repräsentativ ausgewählte Fotografien, die den Einsatz des Tauhid-Grußes in den vergangenen Jahren zeigen. Hunderte weitere Bilder liegen ZWISCHENZEIT ONLINE vor.

Auch Anis Amri, der den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 verübte, zeigte den Gruß unmittelbar nach seiner Tat in eine Überwachungskamera.

Gibt es auch Bilder, die den Tauhid-Gruß in friedvollem Kontext zeigen?


ZWISCHENZEIT ONLINE ist auf keine Aufnahmen gestoßen, die im Zusammenhang mit dem Syrien- und Irakkrieg stehen, zwischen 2011 (Kriegsbeginn in Syrien) und 2018 (Erscheinen dieses Beitrags) aufgenommen wurden, und nicht in Verbindung mit Gewalt stehen.


Es gibt aber auch (vergleichsweise wenige) Fotos, auf denen der Gruß abseits von terroristischem Umfeld Verwendung findet. Die meisten dieser Aufnahmen entstammen einem islamistischen Milieu – oder zeigen Personen anderer Kulturkreise, denen die Verwendung des Grußes nicht bekannt scheint. Auch die folgenden Inhalte stellen eine Auswahl dar und wurden repräsentativ gewählt:

Britische Polizisten und ein Unbekannter zeigen den Tauhid-Gruß.
https://www.jihadwatch.org/wp-content/uploads/2018/06/UK-cops-ISIS-salute.jpg

Das Oberhaupt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow.
https://www.welt.de/politik/ausland/article168371552/Warum-sich-Tschetscheniens-Autokrat-fuer-die-Rohingya-einsetzt.html

Eine vom Islamwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders veröffentlichte Einschätzung der Anwendung des Tauhid-Grußes.
https://twitter.com/tgs2001/status/564840778510630913?lang=de

Ein Mitglied der Bürgerwehr „Germanys Muslims“.
https://www. zwischenzeit.com/wp-content/uploads/2020/07/muslimischer_finger.jpg

Eine Gruppe von Kindern in einem Programm des schwedischen Fernsehsenders SVT.
https://www. zwischenzeit. com/wp-content/uploads/2020/07/swedish-children-k_1920px.jpg

Die US-amerikanische Islam- und Bürgerrechtsaktivistin Linda Sarsour.
https://ilmfeed.com/thousands-tweet-in-support-muslim-woman-after-she-is-attacked-by-islamophobes/

Die Bürgermeisterin von Minneapolis Betsy Hodges mit Unterstützerinnen und Unterstützern
(Video ab Minute 0:22).
https://youtu.be/u3po7RG2Eyc?t=22


Der Wahrheitsgehalt des Bildes

Warum „Der Gruß der Gotteskrieger“ nicht notwendigerweise die Ankunft von Gotteskriegern zeigt

„Der Gruß der Gotteskrieger“ ist zunächst eines: ein beachtenswerter Hinweis, dass sich unter den Flüchtlingen, die 2015 ankamen, möglicherweise auch Dschihadisten befanden (was sich bei den Anschlägen am 13. November 2015 in Paris oder dem Attentat am 19. Dezember 2016 in Berlin bewahrheitete). So unmissverständlich der Einsatz des Tauhid-Grußes sein mag:

Weshalb der Mann seinen Finger zum Gruß hob, kann das Bild nicht klären.
Es gilt daher ausdrücklich die Unschuldsvermutung!

ZZ


Alle Bilder der Demonstration „United we stand for Refugee Rights in Traiskirchen“ sehen Sie im Beitrag

„Es war mehr zu sehen, als der Gruß der Gotteskrieger“


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